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14. September 2000. Malediven Bevölkerung, Kultur und Gesellschaft

Demographie

Nach der Volkszählung von 2000 haben die Malediven etwa 269.000 Einwohner. Mit durchschnittlich mehr als 900 Einwohnern pro km² hat die Inselrepublik eine sehr hohe Bevölkerungsdichte, die allerdings von Insel zu Insel stark variiert. Nur 200 der knapp 1.200 Eilande sind bewohnt. Mehr als ein Viertel der Einwohner konzentriert sich auf der Insel Male mit der gleichnamigen Hauptstadt. Die große Mehrheit der Malediver lebt jedoch auf kleinen Inseln mit weniger als 1.000 Einwohnern. Seit der ersten Volkszählung im Jahr 1977 hat sich die Bevölkerungszahl nahezu verdoppelt, was u.a. dazu geführt hat, daß die Grundversorgung der Malediver nur noch durch Lebensmittelimporte sichergestellt werden kann. Inzwischen allerdings scheinen Programme zur Familienplanung Wirkung zu entfalten, so daß nach offiziellen Angaben das Bevölkerungswachstum vo 3,3% im Jahr 1996 auf 1,9% im Jahr 1999 gesunken ist. Ein Erbe des hohen Wachstums der Vergangenheit ist der Kinderreichtum der Malediven: Knapp die Hälfte der Bevölkerung ist unter 15 Jahre alt.

Ethnische Zusammensetzung

Die Malediver haben vielfältige Wurzeln. Es wird vermutet, daß die ersten Siedler Draviden aus Südindien waren, denen indo-europäische Einwanderer aus Sri Lanka folgten. Aufgrund der geographischen Lage kamen im Laufe der Jahrhunderte aber auch arabische und malaiische Händler sowie afrikanische Sklaven auf die Inseln und vermischten sich mit der einheimischen Bevölkerung. Im 19. Jahrhundert siedelten sich schiitische Muslime aus Indien als Händler auf den Malediven an. Diese nur wenige hundert Menschen zählende Gruppe ist die einzige ethnisch-religiöse Minderheit im Land. Daneben leben auf den Malediven etwa 20.000 Arbeitsmigranten aus Sri Lanka sowie Europäer und Inder, die in der Tourismusindustrie und dem Bildungswesen tätig sind.

Sprache

Die Sprache der Malediven ist das Dhivehi, eine dem Alt-Singhalesischen verwandte indo-europäische Sprache mit zahlreichen Lehnwörtern aus dem Arabischen, dem Hindi, dem Tamil und dem Englischen. Den Begriff "Atoll" verdankt die Welt dem Divehi-Wort "Atholhu". Trotz der geringen Zahl der Sprecher hat die verstreute Lage der Inselgemeinschaften dazu geführt, daß zahlreiche Dialekte existieren, die sich in Aussprache und Vokabular teilweise stark voneinander unterscheiden. Das Dhivehi wird seit etwa 400 Jahren in der aus dem Arabischen weiterentwickelten Thaana-Schrift geschrieben. Neben Dhivehi ist Englisch als Handels- und Verkehrssprache in Male und auf den Touristeninseln verbreitet und gewinnt im Schulunterricht an Bedeutung.

Religion

Die Malediver bekennen sich fast ausnahmslos zum sunnitischen Islam, der im 12. Jahrhundert von arabischen Händlern auf die Insel gebracht wurde. Der Islam ist Staatsreligion und das islamische Recht, die Sharia bzw. Sariatu (Dhivehi) ist Grundlage des Justizsystems. Zentrum des religiösen Lebens sind die Moscheen (Miski), von denen es auf jeder bewohnten Insel mindestens eine gibt. Anfang der 1990er gab es 724 Moscheen auf den Malediven, am prominentesten unter ihnen die mit Mitteln aus den Golfstaaten, Brunei, Malaysia und Pakistan erbaute Große Freitagsmoschee in Male.

Aufgrund der Abgeschiedenheit der Malediven von den Zentren der islamischen Welt und der verstreuten Lage der Koralleninseln überlebten vor-islamische animistische Glaubensvorstellungen, was einige Beobachter zu der Vermutung führte, daß die Malediver neben der formalen Einhaltung der islamischen Glaubenspraxis einem parallelen magisch-religiösen System folgen, das sie als Fandita bezeichnen.

Familie und Sozialstruktur

Kern des sozialen Lebens ist die Familie. Inzwischen ist die Großfamilie vom Zusammenleben der Eltern mit ihren Kindern in der Kleinfamilie abgelöst worden, die in etwa 80% aller maldivischen Haushalte anzutreffen ist. Traditionellerweise ist der Mann das Familienoberhaupt und die Abstammung ist patrilinear. Allerdings behalten die Frauen ihren Familiennamen und Töchter sind erbberechtigt. Trotz der Möglichkeit der Polygamie haben die meisten Männer nur eine Ehefrau, von der sie sich aber sehr leicht trennen können. So gehören die Malediven im weltweiten Vergleich zu den Ländern mit den höchsten Scheidungsraten, und nicht selten trifft man Menschen, die zum vierten oder fünften Mal verheiratet sind.

Für ein islamisches Land ist der Status der Frauen vergleichsweise hoch. Sie verschleiern sich nicht und sind bis auf wenige Ausnahmen, wie z.B. in der Moschee, nicht vom öffentlichen Leben ausgeschlossen.

Auf den kleinen Inseln leben die Menschen eng zusammen, und die verschiedenen Familien sind häufig durch Heirat miteinander verbunden. Der Fischfang ist Lebensgrundlage und prägt den Alltag. Die von der Regierung - oft auf Vorschlag der Inselbewohner - ernannten Inselchefs (Khatib) überwachen und regeln die lokalen Angelegenheiten. Die Aufsicht über ein ganzes Atoll liegt in der Hand eines Atollbeamten (Verin). Daneben üben die Besitzer von Booten auf Grund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung häufig informellen Einfluß auf und agieren als Machtmakler zwischen lokaler Gemeinschaft und Hauptstadt.

Bis in die 1920er Jahre waren die Malediven eine strikt hierarchische Gesellschaft, die zwischen der mit dem Sultanat verbundenen herrschenden Elite in Male und den Bewohnern der anderen Atolle trennte. Obwohl die Modernisierung der vergangenen Jahrzehnte die gesellschaftlichen Unterschiede zum Teil eingeebnet hat, dominieren weiterhin Mitglieder der traditionell einflußreichen Familien, religiöse Führer und Händler das politische und gesellschaftliche Leben in der Hauptstadt. Allerdings sind inzwischen 40% der Stadtbewohner Zuwanderer von den äußeren Atollen.

Bildungs- und Gesundheitswesen

Auf der Mehrzahl der Inseln gibt es ausschließlich die den Moscheen angeschlossenen Koranschulen (Makhtab), wo von der Inselgemeinschaft bezahlte Lehrer neben der Koranlektüre Grundkenntnisse im Lesen, Schreiben und Rechnen vermitteln. Daneben existieren staatliche Dhivehi-sprachige Grundschulen (Madhrasa) sowie staatliche Englisch-sprachige Grund- und Oberschulen, an denen nach einem einheitlichen Lehrplan unterrichtet wird. Seit den 1970er Jahren bemüht sich die Regierung unter Präsident Gayoom um den Aufbau mindestens einer staatlichen Grundschule auf jedem Atoll. Der Anteil der Bildungsausgaben am Staatshaushalt hat sich seitdem mehr als verdoppelt und liegt bei etwa 20% (1998). 1992 gab es 211 Makhtabs mit etwa 36.500 Schülern gegenüber 57 staatlichen Schulen (davon zwei Oberschulen) mit 32.500 Schülern. Die staatliche Grundschule beginnt mit sechs Jahren und dauert fünf Jahre. Die Oberschule dauert weitere sieben Jahre. Obwohl keine Schulpflicht herrscht, lag die Schulbesuchsquote bei 90%. Seit 1980 wird auch Grundschulunterricht für Erwachsene angeboten. Die Bildungspolitik kann insgesamt als Erfolg bezeichnet werden, da nach offiziellen Angaben 93% (1995) der über 15jährigen Lesen und Schreiben können. Zugang zu höherer Bildung gibt es auf den Malediven nicht. Wer eine Universität besuchen will, muß das Land verlassen.

Die Gesundheit der Malediver ist besonders gefährdet durch unzureichende Trinkwasserqualität und schlechte Ernährung. Durchfallerkrankungen, Typhus und Cholera sind häufige Krankheiten. Malaria gilt als ausgerottet; die letzten beiden Fällen wurden 1983 gemeldet.

Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei 71 Jahren. Ihr Ansteigen ist insbesondere auf den Rückgang der ehemals hohen Kindersterblichkeit zurückzuführen. Im der gesamten Inselrepublik gibt es fünf Krankenhäuser mit zusammen 260 Betten sowie 28 Gesundheitszentren. 1998 kam ein Arzt auf 1.300 Einwohner; allerdings verschleiert dieser Durchschnittswert die Benachteiligung der Bewohner der äußeren Atolle gegenüber der Hauptstadt Male. Die Bevölkerung ist daher noch in hohem Maße auf die Selbstversorgung mit traditionellen medizinischen Praktiken angewiesen. Um die medizinische Versorgung zu verbessern, sind seit 1985 zwei Schiffe zur ambulanten medizinischen Versorgung der Bevölkerung im Einsatz.

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