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New Delhi. Am 17. Mai will sie ihre Mehrheit im Parlament (Vidhan Sabha) von Uttar Pradesh unter Beweis stellen.
Die BSP, aufbauend auf ihrer soliden Dalit-Basis, stellte auch zahlreiche Ober-, Mittelkasten- und Moslem-Kandidaten auf und verbesserte damit ihren Stimmenanteil um 3 % auf insgesamt 23 %. Als zweit stärkste Fraktion verfügt sie über 97 Abgeordnete, während die zuvor regierende BJP als Juniorpartner nur noch auf 88 Mandate mit ca. 27 % Stimmenanteil und Verlusten von 5 % kommt. Dritter im Bunde ist die nur im westlichen Uttar Pradesh vertretene Bauernpartei Rashtriya Lok Dal mit 14 Abgeordneten.
Die vom zweimaligen Ministerpräsidenten und ehemaligen Verteidigungsminister Mulayam Singh Yadav geführte Samajvadi Party (SP) verbesserte sich von 110 auf 143 Sitze, trotz Stimmenverlusten von 3 % bei einem Stimmenanteil von ca. 26 %. Sein Anspruch, als Führer der eindeutig stärksten Fraktion den Auftrag zur Regierungsbildung zu erhalten, scheiterte u. a. an der mangelnden Koalitionsbereitschaft des Congress (I) mit seinen nur noch 26 Mandaten, aber ebenso auch am Gouverneur von Uttar Pradesh, der im Auftrag der Zentralregierung verhinderte, daß sich in Lucknow eine alternative Machtzentrale mit potentieller Sogwirkung auf das übrige Indien etablieren konnte.
Die Fragmentierung der Parteienlandschaft entlang der sozialen Zugehörigkeit nach Kasten setzte sich fort. Ein Viertel der Abgeordneten ist vorbestraft bzw. wird schwerer Vergehen, so u. a. Mord und Vergewaltigung, beschuldigt. Rechtlosigkeit, Chaos und Korruption in weiten Teilen von Uttar Pradesh erfordern eine entschiedene Korrektur durch die neue Regierung.
Nur gegen entschiedenen Widerstand großer Teile der BJP-Fraktion in Uttar Pradesh, die sich lieber in der Opposition von der schweren Wahlniederlage erholen wollten, drängte die BJP-Zentrale in Delhi auf ein Bündnis mit der BSP, ungeachtet mißlicher Erinnerungen an kurzlebige Bündnisse 1995 und 1997 mit Mayawati als Ministerpräsidentin.
Was veranlaßt die BJP, die gerade in Uttar Pradesh Anfang der neunziger Jahre aus der gesellschaftspolitischen Isolation zum dominanten Machtfaktor der indischen Innenpolitik aufstieg, in die keineswegs komfortable Rolle eines Juniorpartners einzuwilligen?
Mayawati´s Regierungsstil gilt als autoritär und im Verhältnis zur Spitzenbürokratie selbst für indische Verhältnisse als sehr spektakulär. Die ehemalige Volksschullehrerin, die zur Kaste der "Unberührbaren" (Harijans) gehört, wird sicherlich nicht nur durch populistische Aktionen wie in der Vergangenheit, so durch neue Distrikte und das Aufstellen von Büsten der Leitfigur der Dalits ("Unterdrückte"), Dr. Ambedkar, in Dörfern und Städten, die Aspirationen ihrer Anhänger zufrieden stellen können.
Dalits bilden zusammen mit den vielfältigen Gruppen der "Adivasis", "Ursprungsbewohner" oder in der Amtssprache auch "Scheduled Tribes" genannt, den weitaus größten Teil der 207 Millionen unter- und fehlernährten Menschen in Indien, so die gesicherten Angaben des UN-Welternährungsprogramms (World Food Programme).
Im Wahlkampf schwor Mayawati noch, kein Bündnis mit der BJP eingehen zu wollen. In der komplizierten Kastenhierarchie von Uttar Pradesh stehen jedoch Dalits, die zu einem großen Teil das Heer der landlosen Landarbeiter stellen, in einem unmittelbar antagonistischen Widerspruch zu den überwiegend von der SP vertretenen Bauerninteressen.
Die BSP-Strategie zielt darauf ab, die von den Oberkasten geführten Parteien und somit auch die BJP zu schwächen, um dadurch selbst zur dominanten politischen Kraft zu werden. Häufige Wahlen und politische Instabilität, so der BSP-Gründer Kanshi Ram, seien daher von Vorteil für die unteren Kasten. Angesichts der schrecklichen Ereignisse in Gujarat sehen sich allerdings die 14 BSP-Abgeordneten moslemischen Glaubens - sie werden als "Verräter" gebrandmarkt - einem massiven Boykott-Aufruf u. a. seitens religiöser Führer der Moslems wegen des BSP-Bündnisses mit der BJP ausgesetzt, die für die Pogrome in Gujarat verantwortlich gemacht wird. BSP- Generalsekretär Mohammed Arif Khan, Mitglied des Unterhauses, trat wegen des Bündnisses mit der BJP aus der BSP aus.
Mulayam Singh Yadav prophezeit ein baldiges Ende des "opportunistischen Bündnisses" und meint, daß die Mafia - nach seinen Angaben zählen BSP und BJP 24 Kriminelle in ihren Reihen - in dieser Regierung tonangebend sein würde.
Wird es Mayawati, die ihrem BJP-Amtsvorgänger Rajnath Singh auf ihrer ersten Pressekonferenz nach ihrem Amtsantritt die Misere von Uttar Pradesh maßgeblich in die Schuhe schob, in ihrem dritten Versuch gelingen, Elemente von "good governance" in Uttar Pradesh zu demonstrieren, oder wird angesichts der Finanzmisere, dies trifft für praktisch alle Staaten zu, dieser größte Staat der Indischen Union noch tiefer in den Strudel wirtschaftlicher Stagnation, bürokratischer Ineffizienz und einer weit verbreiteten Rechtlosigkeit geraten? Andererseits bietet sich der neuen Regierung aber auch die Chance, ein Stück soziale und wirtschaftliche Emanzipation der Dalits, Most Backward´s Castes (MBC´s) und der Moslems und damit eine längst überfällige gesellschaftspolitische Integration voranzutreiben. Hier gibt es durchaus gemeinsame Zielvorstellungen zwischen beiden Parteien.
Die BSP, die einzige Dalit-Partei mit Schlagkraft, könnte sich in eine wirklich sozialdemokratische Partei entwickeln. Ihr Aufstieg symbolisiert eine "lautlose Revolution" des Emanzipationskampfes der benachteiligten Schichten und Kasten gerade im nördlichen Indien. Leider wird diese Partei ebensowenig wie ihre politische Führung von Deutschen und Europäern nicht bzw. kaum zur Kenntnis genommen. Maneka Gandhi, Schwiegertochter der ehemaligen Premierministerin Indira Gandhi und Ministerin in der Regierung Vajpayee, sagte mir heute morgen, die BJP habe durch ihre Juniorrolle gegenueber der BSP in Uttar Pradesh dort politischen Selbstmord- begangen, stattdessen wäre es klüger gewesen, sich in der Oppositionsrolle zu stärken.
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