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28. Februar 2001. Nachrichten: Politik & Recht - Afghanistan Situation der afghanischen Flüchtlinge verschlechtert sich weiter

In Afghanistan hat sich die Lage der Flüchtlinge dramatisch verschlechtert. Der seit 22 Jahren andauernde Krieg und die letztjährige Dürre haben über eine Million Menschen in Afghanistan zur Flucht gezwungen.

In den Lagern um die Stadt Herat im Westen Afghanistans haben sich rund 100.000 Flüchtlinge versammelt. Täglich würden jedoch 300 bis 500 weitere Flüchtlinge in die sechs Auffanglager der Region strömen, die schon jetzt an der Grenze ihrer Aufnahmekapazität seien, teilte das UNO-Büro für die Koordination humanitärer Angelegenheiten mit. Nicht nur mangelnde Unterkünfte und Lebensmittel, sondern besonders auch die extreme Kälte machen den Menschen zu schaffen. Am 2. Februar 2001 berichtete die afghanische Zeitung News, dass allein in den sechs Lagern ausserhalb der Stadt bereits mehr als 500 Menschen erfroren seien. Vor allem Kinder und ältere Leute sind von den eisigen Temperaturen, die von minus 16 bis minus 25 Grad gehen, bedroht.

Wie die Neue Züricher Zeitung vom 11. Februar berichtet leben auch im Norden des Landes, auf Inseln im Pianj-Fluss an der Grenze zu Tadschikistan, immer noch 10.000 gestrandete Flüchtlinge, denen die tadschikische Regierung das Betreten ihres Territoriums bisher verwehrt hat.

An der Grenze zu Pakistan sind seit September letzten Jahres 170.000 Menschen zur Flucht über die Grenze gezwungen worden, von denen knapp die Hälfte im Lager von Jalozai im offenen Feld kampieren. Pakistan hat sich geweigert das Lager von Jalozai als "Flüchtlingslager" einzustufen und damit dem UNHCR die Einrichtung von Wasserstellen und Toiletten zu ermöglichen. Hinter Pakistans Haltung steht die Absicht, in Zukunft nicht mehr die Hauptlast des Flüchtlingselends tragen zu müssen. Das Land fordert die Einrichtung von Lagern innerhalb Afghanistans. Pakistan beherbergt immer noch über zwei Millionen Flüchtlinge des Bürgerkriegs, die eine beträchtliche wirtschaftliche und soziale Belastung darstellen.

Gleichzeitig wird der Ausbruch einer Hungersnot immer wahrscheinlicher. Falls es nicht gelingen sollte, drei Millionen Menschen mit Nahrungsmitteln zu versorgen, so eine Vertreterin des Welternährungsprogramms, seien über eine Millionen Menschen vom Hungertod bedroht.

Angesichts der desolaten Situation im Land hat die UNO im Laufe des Monats die internationale Staatengemeinschaft mehrmals zur Hilfe für die afghanischen Flüchtlinge aufgefordert. Trotz der dramatischen Appelle auch von seiten der Weltbank und der pakistanischen Regierung lief die internationale Hilfe nur langsam an. Von den 229 Millionen, die für dieses Jahr wiederholt von der UNO an Ernährungshilfe gefordert wurden, waren bis Mitte des Monats erst 14 Millionen Dollar gespendet worden.

Der UNO-Koordinator für Katastrophenhilfe, Kenzo Oshima, der Mitte Februar zu einer Lageeinschätzung nach Afghanistan gereist war, verkündete am 20. Februar in Genf, dass sich im Land eine grosse Katastrophe anbahne, die rasche und umfassende Hilfe erfordere.

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