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24. Mai 2004. Nachrichten: Politik & Recht - Indien Singh als Premier Indiens vereidigt

Anschlag in Kaschmir überschattet Amtsantritt

Bei einem Anschlag islamischer Separatisten in Kaschmir starben am Sonntag mindestens 28 Menschen. Ihr Tod überschattet die Amtseinführung der neuen Regierung Indiens unter Premier Dr. Manmohan Singh.

Eine Mine explodierte rund 80 Kilometer von der Kaschmir-Sommerhauptstadt Srinagar entfernt auf der Schnellstraße nach Jammu, als ein Bus mit indischen Grenzschützern und Familienangehörigen vorbeifuhr. 13 Soldaten und 15 Angehörige, darunter drei Kinder und sechs Frauen, kamen durch die Explosion ums Leben, neun wurden verletzt, vier von ihnen lebengefährlich. Zu dem schwersten Anschlag seit Monaten bekannte sich die größte muslimische Separatistengruppe im indischen Teil Kaschmirs. Das Attentat sei Vergeltung für die Ermordung von Anführern der Hizbul Mujahedin, sagte ein Sprecher der Gruppe.

Der Tod der Soldaten überschattete den Amtsantritt der neuen indischen Regierung am Sonnabend. Präsident Abdul Kalam hatte den 71-jährigen Dr. Manmohan Singh als 14. Regierungschef des unabhängigen Indiens vereidigt. Singh ist als Sikh der erste Vertreter einer religiösen Minderheit in diesem Amt. Zugleich wurden 68 Minister und Staatsminister in die Regierung der Vereinten Progressiven Allianz (VPA) berufen. Das Kabinett stellt eine Mischung aus erfahrenen Politikern der Kongress-Partei, Erstlingen, ehemaligen Ministern der Vereinten Front, die Mitte der 90er Jahre regierte, und Mitgliedern der bisherigen Regierung dar. Etliche Partner der seinerzeitigen Nationalen Demokratischen Allianz hatten diese vor den Wahlen verlassen und sich mit der Kongress-Partei verbündet. Die Ressortverteilung wurde noch nicht bekannt gegeben.

Nachdem er seinen Amtseid abgelegt hatte, deutete der Premier vor den Medien die Prioritäten seiner Politik an: "Es handelt sich um ein Mandat für den Wandel, für die Stärkung des säkularen Fundaments unserer Republik, um soziale und wirtschaftliche Veränderungen voranzubringen, die den ärmeren Schichten unserer Gesellschaft nützen, besonders den Bauern und Arbeitern. Wir werden einer Entwicklungsstrategie folgen, die unser Volk befähigt, sein riesiges Potenzial in die Praxis umzusetzen."

In der 14-Parteien-Koalition zirkuliert der Entwurf eines gemeinsamen Minimalprogramms. Die sechs Leitprinzipien lauten: Bewahrung sozialer Harmonie; Sicherung ökonomischer Wachstumsraten zwischen sieben und acht Prozent; Förderung des Farmsektors; Förderung der Frauen; gleiche Bildungsmöglichkeiten für Dalits, Adivasi, andere rückständige soziale Schichten und religiöse Minderheiten; Entfesselung des kreativen Potenzials von Unternehmern und Produktivkräften.

Sonia Gandhi, Chefin der Kongress-Partei, schlug am Wochenende den Parlamentsveteranen Somnath Chatterjee von der KPI (Marxistisch) als Präsidenten des Unterhauses vor. Da die Kommunisten keine Regierungsverantwortung übernommen haben, sondern die VPA-Regierung von außen unterstützen, wären sie durch diese Funktion stärker ins politische Geschehen eingebunden. Chatterjee zeigte zwar Bereitschaft, musste aber noch die Zustimmung seiner Partei und der gesamten linken Gruppe abwarten.

Quelle: Der Beitrag erschien am 24. Mai 2004 in der Tageszeitung "Neues Deutschland".

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