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21. Januar 2004. Nachrichten: Wirtschaft & Soziales - Indien Eine neue Ära von Politik?

Stimmen zu Impulsen und offenen Fragen des Weltsozialforums

Auf dem Weltsozialforum (WSF) in Mumbai wird jetzt Bilanz gezogen. Auch die Zukunft der in Porto Alegre begründeten Bewegung steht zur Debatte.

Mumbai. "Wir sind in erster Linie hierher gekommen, um mit unseren Kampagnenpartnern persönlich zu diskutieren. Darüber hinaus haben wir neue Kontakte knüpfen können und auch zwei sehr gute Seminare gehabt." Für Christiane Fischer von der bundesdeutschen BUKO-Pharmakampagne, die zusammen mit dem "Consumers Network" aus Pakistan, dem "Indian Lawyer's Collective", OXFAM und vielen anderen für den Zugang zu Arzneimitteln kämpft, hat sich die Reise nach Mumbai gelohnt.

In den Diskussionen hat die Kampagne den Zusammenhang zwischen neoliberaler Weltordnung, ihren Vertragsinstrumenten und sich veränderten Gesundheitsbedingungen problematisiert. Und am Beispiel des Dokumentarfilms "Poor rich country" auch die Armutssituation in Deutschland dargestellt. "Es war für viele TeilnehmerInnen der Veranstaltung überraschend zu sehen, dass es auch im reichen Deutschland Arme und Armut gibt." Den Zugang zu Gesundheitsversorgung betrachtet BUKO weltweit als unveräußerliches Menschenrecht. Durch das Abkommen in der Welthandelsorganisation (WTO) über die handelsbezogenen Aspekte geistigen Eigentums (TRIPS), das der Produktion von Arzneimitteln und Nachfolgepräparaten strikte Patentregelungen aufzwingt, wird dieses Recht quasi außer Kraft gesetzt. Doch es gibt Gegenbewegungen wie etwa die Non-profit Organisation LOCOST aus Baroda in Westindien, die selbst Arzneimittel, die zum Teil 50 mal billiger sind als der normale Verkaufspreis, produziert und an Nichtregierungsorganisationen verteilt. "In den Seminaren und Workshops spielt Gesundheit eine größere Rolle. Ein Fortschritt gegenüber Porto Alegre", so auch Andreas Wulf von Medico International aus Deutschland.

Gegen Ende des vierten Weltsozialforums überwiegen aber Fragen nach der weiteren Zukunft des Treffens und der "globalisierungskritischen" Bewegung. Auch wenn die vergangenen Foren enorme Energien freigesetzt haben und sich die Beteiligung und die Bedeutung seit Porto Alegre stetig erhöht haben, wird vielstimmig gefragt, ob die jetzige Form des WSF die beste für die Bündelung dieser Energien ist. Unangetastet soll aber bleiben, dass das WSF einen offenen Raum für Probleme und Debatten darstellt, in dem Aktivitäten der sozialen Bewegungen kreiert oder zusammengeführt werden.

Für Christoph Aquiton von Attac Frankreich, Mitglied des Internationalen Rates des WSF, bleibt das Treffen der Rahmen für die aus den Kämpfen gegen die WTO-Ministerkonferenz in Seattle 1999 gezogene Notwendigkeit, globale Allianzen zu stärken und auszubauen. Und Nandita Shan, Mitorganisatorin des WSF in Mumbai und seit vielen Jahren in der autonomen Frauenbewegung in Indien aktiv, sieht im WSF eine Plattform, die eine neue Ära von Politik einleiten kann.

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