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13. Dezember 2010. Nachrichten: Bangladesch - Wirtschaft & Soziales Der Skandal um Muhammad Yunus

Der Nobelpreisträger aus Bangladesch und Erfinder des Mikrokredits soll Millionen Dollar zweckentfremdet haben. Gelder aus Norwegen sollen nicht nur in Darlehen für Arme geflossen sein.

Durch eine Dokumentation des norwegischen Fernsehens ist der bengalische Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus in die Kritik geraten. In dem Film von Tom Heinemann, der vergangene Woche ausgestrahlt wurde, sind Dokumente veröffentlicht worden, die belegen, dass in den 1990er Jahren zweckgebundene Gelder der Grameen Bank an eine Schwesterorganisation überwiesen wurden, die nichts mit Mikrokrediten zu tun hat. Die Geber, darunter Norwegen, Schweden und Deutschland, wurden nicht informiert.

Muhammad Yunus hatte in den 1980er Jahren die Grameen Bank gegründet, um Kleinstkredite vorwiegend an Frauen zu vergeben. Es wird international als erfolgreiches Instrument für die Ermächtigung von Frauen und Bekämpfung von Armut gesehen. Yunus bekam mit der Grameen Bank 2006 den Friedensnobelpreis. Kritiker weisen auf Schuldenkreisläufe hin, in denen alte Kredite mit neuen zurückgezahlt werden. Die hohe Rückzahlungsquote führen sie auf die schwache Stellung von Frauen in der bengalischen Gesellschaft zurück.

In Norwegen wird nun der Umgang der Grameen Bank mit den Geldern geprüft. Der norwegische Minister für Internationale Entwicklung, Erik Solheim, sagte der BBC, es sei "inakzeptabel, dass Hilfsgelder für andere Zwecke genutzt werden als beabsichtigt". Die Grameen Bank hat die Vorwürfe inzwischen zurückgewiesen.

Doch auch in Bangladesch sorgen die Enthüllungen für Unruhe. In dem Land, das sonst nur wegen Armut, Naturkatastrophen und Korruption in den Schlagzeilen landet, gilt Yunus weitgehend als unantastbar. Die Regierungspartei zeigte sich um den Ruf des Landes besorgt und die einflussreiche englischsprachige Zeitung "Daily Star" wartete einen Tag bevor sie die Nachricht abdruckte. Zu dieser kam am 02.12 eine Strafanzeige einer Privatbank hinzu, die Yunus und zwölf anderen Funktionären der Grameen Bank vorwirft, eine halbe Million Dollar in Krediten nicht zurück gezahlt zu haben.

Ein merkwürdiger Vorgang

Im Jahr 1996 wurde die Organisation Grameen Kalyan gegründet, die Bildungskredite an Grameen-Angestellte vergeben und ein Netz von Kliniken im dörflichen Bangladesch aufbauen sollte. Grameen Kalyan bekam von der Grameen Bank fast 100 Millionen Dollar übertragen, Gelder, die für Mikro- und Hauskredite bestimmt waren. Außerdem war darin ein Sozialfond enthalten, der im Wesentlichen ähnliche Ziele hatte wie Grameen Kalyan. Einen Großteil des Geldes bekam die Grameen Bank nun von Grameen Kalyan geliehen, um Kredite zu vergeben. Zurück blieb der Sozialfond, mit dem Grameen Kalyan seine Arbeit machen sollte.

Yunus bezeichnete den Vorgang als eine Ausgliederung des Sozialfonds, der so effektiver verwaltet werden könnte. Zudem gäbe es steuerliche Vorteile. Ende 1996 sollte die Steuerfreiheit der Grameen Bank auslaufen und es war unsicher, ob sie verlängert werden würde. "Die Steuerbehörden werden die internen Zinszahlungen nicht als 'Ausgabe' ansehen und sie als Einkommen mit 40 Prozent besteuern", schrieb er an den damaligen norwegischen Botschafter Fredrik Lehne. "Das vermeiden wir mit Grameen Kalyan. Die Zahlungen sind nun gültige Ausgaben und können in ihrer Gesamtheit in den Sozialfond fließen."

Doch die norwegische Botschaft hatte Zweifel: Einerseits war ihr die neu gegründete Organisation gänzlich unbekannt, andererseits war sie über die Übertragung nicht informiert worden - sie erfuhr erst aus dem Jahresbericht der Grameen Bank davon. "Die Regierung von Norwegen hat mit Bangladesch keinen Vertrag abgeschlossen, um Mittel für Grameen Kalyan zur Weiterverleihung an Grameen Bank bereitzustellen", schrieb Botschafter Lehne an Yunus. In einer Gesprächsnotiz von Lehne heißt es außerdem, die Erklärungen von Yunus seien "weder erhellend noch besonders vertrauenswürdig" gewesen. Mitte 1998 zahlte Grameen Kalyan rund 28 Millionen Dollar an Grameen Bank zurück, etwas mehr als die Hälfte der norwegischen Gelder, die ursprünglich an Grameen Bank gezahlt worden waren.

Entwicklungsgelder als Startkapital?

Unregelmäßigkeiten sind aber auch in den Geldern des Sozialfonds zu finden: Von den rund 10 Millionen Dollar, die für Bildungskredite und Dorfkliniken ausgegeben werden sollten, waren mehr als die Hälfte an weitere Schwesterunternehmen der Grameen Bank verliehen worden. Rund 5 Millionen Dollar gingen an Grameen Telecom, die wiederum 35 Prozent der Anteile an dem hochprofitablen Mobilfunkanbieter Grameenphone besaß (Mehrheitseigner war und ist die norwegische Firma Telenor). Wenige Monate nach der Übertragung nahm Grameenphone als einer der ersten privaten Mobilfunkanbieter in Bangladesch den Betrieb auf. Seitdem hat das Unternehmen mehr als 100 Millionen Dollar Gewinn ausgeschüttet.

Grameen Telecom ist allerdings eine gemeinnützige Firma, so dass die Einkünfte aus dem angelegten Entwicklungshilfegeld wahrscheinlich nicht auf Privatkonten gelandet sind. Eine Untersuchung des Forschungsinstituts CGAP aus dem Jahr 2005 zeigte außerdem, dass die lukrative Anlage möglicherweise Grameen Kalyan geholfen hat, Verluste an anderer Stelle zu kompensieren.

Auch Filmemacher Heinemann und die norwegische Regierung haben bislang geglaubt, dass Yunus sich nicht bereichert oder das Geld missbraucht habe. "Wir glauben weiterhin an Mikrokredite als ein Instrument zur Bekämpfung von Armut", sagte der norwegische Entwicklungsminister Solheim. Unterdessen hat Grameen Aufklärung angekündigt, wenn Muhammad Yunus wieder im Lande ist. Derzeit stellt er im Ausland sein neues Buch "Social Business" vor.

 

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