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31. Mai 2003. Nachrichten: Politik & Recht - Pakistan Premier Jamali signalisiert den Bugtis Dialogbereitschaft

Nach 31 Tagen beenden die Bugtis ihren Streik. Gleichwohl bleiben die Aussichten auf Zugeständnisse durch die Energiewirtschaft an die Anwohner der Gasfördergebiete schlecht.

Am 6. Mai 2003 besuchte der Gouverneur von Baluchistan, Abdul Qadar Khan Baloch, den südöstlichen Distrikt Dera Bugti. Ziel seines Besuchs war es, einen Streik zu beenden, der Dera Bugti seit 31 Tagen lahm legte. Den Streikenden ging es vor allem um Forderungen des ansässigen Bugti-Clans nach einer größeren Beteiligung von lokalen Arbeitskräften in den mehrheitlich in Staatsbesitz befindlichen Energiebetrieben, die vor Ort Gas fördern. Der Verhandlungsführer auf Seite der Streikenden war der Stammeschef der Bugti, Nawab Muhammad Akbar Bugti. Dieser verfügt als ehemaliger Chefminister Baluchistans und Anführer der Jamhoori Watan Party über erheblichen politischen Einfluss. Mehrere lokale Abgeordnete im Provinzparlament von Baluchistan hatten sich in der Vergangenheit vergeblich um eine Wende zugunsten lokaler Arbeitskräfte bemüht.

Die Protestierenden werfen den großen Energiefirmen vor, nicht nur Fachkräfte, sondern auch einfache Arbeiter aus anderen Provinzen zu bevorzugen und lokale Ressourcen einseitig auszubeuten. Obwohl die Gespräche zwischen Vertretern der Energiefirmen und Nawab Bugti im Vormonat als "zufrieden stellend" bezeichnet worden waren, war der bereits damals andauernde Streik nicht beendet worden. Dieses Druckmittel führte nun dazu, dass selbst der Provinz-Gouverneur der Bevölkerung von Dera Bugti versicherte, mit besonderem Nachdruck gegen den "Missstand" vorgehen zu wollen.

Gouverneur Baloch erklärte bei dem Treffen mit dem Bugti-Stammeschef nun, dass die Regierung von Baluchistan die beteiligten Energiefirmen zu mehr sozialer Verantwortung bewegen werde. Die Oil and Gas Development Corporation (OGDC), Pakistan Petroleum Limited (PPL), Sui Northern Gas Pipelines Limited (SNGPL), Sui Southern Gas Pipelines Limited (SSGPL) und weitere in Baluchistan beteiligte Firmen im Öl- und Gassektor hätten zukünftig mehr Verantwortung für den Lebensstandard der Bevölkerung in den Fördergebieten zu übernehmen. Darüber hinaus unterstützte Baloch die Forderung, die lokale Verwaltung zukünftig an den Gewinnen zu beteiligen. So sprach er von Plänen, denen zufolge Elektrizität, Bildung und das Gesundheitssystem in den betroffenen Gebieten von den Firmen finanziert werden sollen und forderte zugleich eine vermehrte Ausbildung und Einstellung von Anwohnern. Die Zugeständnisse des Gouverneurs führten zur Beendigung des Ausstandes. Unterstützung signalisierte auch Premierminister Mir Zafarullah Khan Jamali, der am 23. Mai erklärte, dass er persönlich intervenieren wolle.

Einem Sprecher von Nawab Bugti zufolge versprach der greise Stammeschef die völlige Kooperation mit der Provinzregierung in Quetta. Er betonte auch den Patriotismus seines Stammes. Dieser sei weiterhin dazu bereit, trotz seines "täglichen Überlebenskampfes gegen Hunger, Trinkwassermangel, fehlende Schulen und ungenügende medizinische Versorgung" für Millionen von Pakistanis durch seine "tatkräftige Unterstützung" die Bereitstellung von Erdgas zu sichern.

Letztendlich veranlassten die versöhnlich scheinenden Worte die beteiligten Energiefirmen jedoch, nicht gänzlich auf die Forderungen der Bugtis einzugehen. So erklärte der OGDC-Sprecher Najam Kamal Haider, dass zwar bereits mehrere Verträge mit Grundeigentümern von Land, auf dem Gas gefördert werde, zustande gekommen seien, doch der Staat auch zukünftig für Ruhe und Ordnung zu sorgen habe. Haider erklärte gegenüber Medienvertretern, dass seine Firma eine Weiterentwicklung und Erhöhung der Fördermengen von Gas und Öl-Ressourcen in "relativ unbedeutenden Gegenden" anstrebe.

Das Aufstocken  der Ölfördermengen lässt sich auch vor dem Hintergrund der Engpässe von Gaslieferungen zu Jahresbeginn erklären: Ende Januar begann eine Anschlagsserie auf Gas-Pipelines bei Sui die in drei Provinzen zu Energie-Engpässen führte. Hinter den Anschlägen wurden damals Mitglieder des Bugti-Stammes vermutet.

Haider zufolge hat sich die OGDC das ehrgeizige Ziel gesetzt, im neuen Finanzjahr 2003/4 die Produktion von Öl um täglich 4.000 Barrel zu steigern. Dazu sollen 15 neue Ölfelder erschlossen werden. Es ist zu vermuten, dass auch die Bewohner dieser neuen Abbaugebiete weder an den Gewinnen beteiligt noch andere Vorteile durch die Rohstoffförderung haben werden. Die Zentralregierung wird wohl auch in Zukunft die reibungslose Öl- und Gas-Förderung gewährleisten wollen und bewaffnete Truppen zu ihrer Sicherung schicken. Schließlich ist Islamabad sehr daran gelegen, für zukünftige Pipelines aus Zentralasien als sicheres Transit-Land zu gelten.

Quellen

  • "Bugtis call off strike after 31 days", in: The News, 7.5.03
  • " PM helps solve gas deals issue with Bugtis", in: The News, 24.5.03

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