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31. März 2003. Nachrichten: Politik & Recht - Südasien Außenminister Nepals und Bhutans verhandeln ohne Ergebnis über Repatriierung von Flüchtlingen

Am 25. und 26. März 2003 trafen sich die beiden Außenminister der Himalaya-Königreiche in Thimphu, der Hauptstadt Bhutans, um das seit fast eineinhalb Jahrzehnten anhaltende Dilemma von rund 100.000 Flüchtlingen aus Bhutan im Osten Nepals zu lösen. Aber auch nach dem 13. Treffen in dieser Angelegenheit konnten beide Seiten keine wesentlichen Fortschritte erzielen.

Seit Ende der Achtziger Jahre leben die Bewohner der vier großen und drei kleineren ostnepalesischen Flüchtlingslager in Ungewissheit über ihr weiteres Schicksal. Grund dafür sind die gegensätzlichen Ansichten der beiden Staaten über ihren Status: Nepal ist der Meinung, dass sie nach Bhutan zurückkehren müssten, zumal da sie ihre Herkunft als Staatsbürger Bhutans ausweise. Hingegen vertritt Bhutan den Standpunkt, dass nur wenige Tausend dieser Menschen „echte Bhutaner“ seien, denen eine Heimkehr erlaubt werden solle. Die Mehrheit aber seien ehemalige Wirtschaftsflüchtlinge nepalesischer Abstammung oder Personen, die ihre Staatsbürgerschaft durch ihren Wegzug freiwillig aufgegeben hätten. Zudem seien zusätzliche Nepalis, angelockt von den relativ guten Bedingungen, in die Lager gezogen. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinigten Nationen (UNHCR) garantiert den dort lebenden Menschen eine kostenlose Gesundheitsversorgung und bietet ausreichenden Zugang zur Bildung.

Zur Klärung dieses Streites stellten beide Staaten Mitte 2000 das nepalesisch-bhutanesische Joint Verification Team (JVT) auf. Dessen Fortschritte standen im Mittelpunkt des zweitägigen Treffens von Nepals Außenminister Narendra Bikram Shah mit seinem bhutanischen Amtskollegen Lyonpo Jigmi Y. Thinley. Das JVT hatte bis Februar 2003 exemplarisch die über 12.000 Flüchtlinge im Flüchtlingslager Khudunabari in die vier vereinbarten Kategorien eingestuft: sogenannte "vertriebene Bhutaner", "emigrierte Bhutaner", "geflohene bhutanesische Kriminelle" und "Nicht-Bhutaner". Zumindest der ersten Gruppe soll die Wiedereinreise in Aussicht gestellt werden, reelle Fortschritte gab es diesbezüglich aber auch nach diesem Treffen noch nicht. Der Status der zweiten Gruppe ist weiterhin umstritten, die beiden letzten Gruppen werden wohl definitiv nicht wieder nach Bhutan zurückkehren können.

Südbhutaner vertrieben

Mitte der Achtziger Jahre betrieb die Regierung Bhutans einen strikten Bhutanisierungskurs, der mit einer massiv verschärften Änderung des Staatsbürgerschaftsrechts einherging. Das Hauptproblem dieser Gesetzesänderung war, dass das Jahr 1958 als Stichdatum festgelegt wurde, aber der Großteil der Nepalis später eingewandert war. Die Zugezogenen wurden somit nicht mehr als Bhutaner angesehen. Zudem ergab sich daraus das Problem, dass etliche Ehepartner von Bhutanern nun als Ausländer galten und es auch ihnen nahezu unmöglich war, die Staatsbürgerschaft zu erhalten. Die Demokratiesierungsforderungen von südbhutanischen Studentengruppen und der Bhutan People’s Party, die in den Demonstrationen und Ausschreitungen im September/Oktober 1990 gipfelten, sorgten für eine weitere Zuspitzung des Konfliktes. Infolgedessen kam es zur Vertreibung nicht nur der zugewanderten Nepalis sondern auch eines Großteils der nepalesischstämmigen Südbhutaner.

Seit 1990 werden die Flüchtlinge, die über Indien nach Nepal kamen, in ihren Lagern im Osten des Landes vom UNHCR betreut. Rund 15.000 Vertriebene verblieben auch in den angrenzenden indischen Gliedstaaten Sikkim, West Bengal, Assam und Arunachal Pradesh, ihr Schicksal war dementsprechend nicht Gegenstand der Gespräche der bilateralen Konferenzen zwischen Nepal und Bhutan.

Hungerstreik für internationale Aufmerksamkeit

Mitte Februar 2003 traten in den nepalesischen Lagern mehrere Tausend der Flüchtlinge in einen Hungerstreik, um ihren Forderungen nach einem Recht auf Heimkehr nachdruckzugeben. Die an der zeitgleich an der in Genf stattfindenden internationalen Geberkonferenz für Bhutan beteiligten Staaten sollten so auf ihre Lage aufmerksam gemacht werden. Die Hungerstreikenden beabsichtigten auf diesem Wege, die Geberländer zu überzeugen, die Gewährung von Hilfsgeldern mit ihrem Rückkehrrecht zu verknüpfen. Auch wenn ihnen dies letztendlich nicht gelang, so konnten sie es als Erfolg für sich verbuchen, dass zumindest die Vertreter einiger dieser Länder sich einen Überblick vor Ort über die Lebensbedingungen in den Lagern verschafften und versprachen, sich zukünftig für eine beschleunigte Suche nach Lösungsmöglichkeiten einzusetzen.

Nepalesisch-bhutanesisches Harmoniebedürfnis

Präzise Informationen über die Ergebnisse der Kategorisierungskampagne durch das JVT wurden bei dem Treffen der Außenminister in Thimphu nicht veröffentlicht. Bekannt wurde nur, dass sich beide Seiten zumindest darauf einigten, dieses Prozedere nun in den sechs anderen Flüchtlingslagern fortzusetzen. Erst danach wolle man genauer verhandeln und nach und nach „gemeinsame, harmonische Lösungen“ für die etwaigen Repatriierungen der einzelnen Gruppen finden. Ein festes Ergebnis gab es immerhin am Ende der Konsultationen: Das 14. Ministertreffen wird schon am 11. Mai 2003 in Nepals Hauptstadt Kathmandu stattfinden. Gemessen am bisher eher langsamen, fast sporadischen Rhythmus der Verhandlungen - davor traf man sich zuletzt im Herbst 2002 - könnte man dieses als einzigen kleinen Fortschritt werten.

Quellen

  • "A new momentum in the refugee problem", in: Kuensel-Online, 29.3.2003
  • "Nepal and Bhutan discuss refugees", in: BBC News, 26.3.2003
  • Sushil Sharma: "Bhutan refugees on hunger strike", ebd., 18.2.2003

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