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31. Januar 2003. Nachrichten: Natur & Umwelt - Südasien Kältewelle in Südasien fordert mindestens 1.500 Menschenleben

Eine Kältewelle, die Indien, Nepal und Bangladesch von Mitte Dezember 2002 bis Ende Januar 2003 heimsuchte, kostete vermutlich mehr als 1.500 Menschenleben.

Die meisten Opfer sind jedoch nicht erfroren, sondern starben an den Sekundärwirkungen der Kälte – hauptsächlich an Erkrankungen der Atemwege. Oft handelte es sich um Kinder und alte Menschen der ärmsten Bevölkerungsschichten. Offizielle Angaben über Opferzahlen gibt es nicht, da die Behörden meist den Zusammenhang zwischen der Kälte und dem Tot vieler alter Leute bestreiten.

In Kanpur, mit über 2 Mio. Einwohnern die bevölkerungsreichste Stadt des Unionsstaates Uttar Pradesh, erreichten die Temperaturen Anfang Januar mit 3° C den niedrigsten Stand seit zwölf Jahren. Im Norden Rajasthans fielen die Temperaturen Mitte Januar sogar unter den Gefrierpunkt. In New Delhi lagen die Temperaturen bei vier Grad. Der Nebel und die Wolken verhinderten dort eine normale Flugabfertigung, es kam zu größeren Verspätungen. Auch viele Züge hatten stundelange Verspätungen und der Straßenverkehr wurde durch Sichtweiten unter 200 Meter stark beeinträchtigt.

Im nordwestlichen Landesteil Bangladeschs, nahe der Stadt Dinajpur, wurden Mitte Januar 5° C gemessen. Es hieß eisige Winde aus dem Himalaya seien für die niedrigen Temperaturen verantwortlich. In dieser Jahreszeit sind in dem subtropischen Land normaler Weise doppelt höhere Werte üblich.

Die meisten Toten gab es nicht in den Bergregionen Nepals oder Indiens zu beklagen, sondern in den wesentlich milderen Klimazonen der Gangesebene bis hin zum Deltabereich mit der Brahmaputra. Anders als die Bergbevölkerung, die jährlich auf frostige Grade vorbereitet ist, kommen viele Tieflandbewohner üblicher Weise mit einer Decke durch den Winter. Doch auch die Unionsstaaten Punjab und Haryana wurden durch das kühle Klima erfasst – in Kashmir gab es fast überall hohe Minusgrade.

In Nepals staatlichem Radio wurde von über 40 Toten gesprochen. Demgegenüber lagen die Angaben der BBC bei mindestens 60 Opfern, die meist im Terai (dem Tiefland) an der Grenze zum indischen Bundesstaat Bihar umkamen.

Der Neuen Zürcher Zeitung zufolge sind die betroffenen Distrikte mit den meisten Opfern, jene Regionen, die in den Jahren von Dürre die meisten Hungertoten und bei Überschwemmungen die meisten Opfer zu beklagen haben. Die Todeszahlen weisen in Wahrheit auf ein soziales und ökonomisches Desaster hin. Mangelernährung und chronische Erkrankungen der Magen-Darm-Wege treffen durch den Verbrauch unreinen Wassers auf ungenügend geschützte körperliche Abwehrmechanismen. Die Behausungen der ärmsten Bevölkerungsteile, die oft nur aus Stroh oder Plastikteilen zusammengehalten werden, widerstehen weder Naturkatastrophen noch bieten sie ausreichende Wärme.

Zwar besuchte die Premierministerin von Bangladesch, Khaleda Zia, Teile Dhakas, um Decken und warme Klamotten an Bedürftige – zumeist Obdachlose - zu verteilen. Doch  die Unfähigkeit der Regierungen, sich dieser strukturellen Probleme anzunehmen, sind nicht nur Resultat bürokratischer Ineffizienz. Das große Maß an Gleichgültigkeit gegenüber den Armen scheint ebenfalls eine bedeutende Rolle zu spielen. Ausgerechnet das Verhalten Mayawatis, der Dalit–Chefministerin von Uttar Pradesh, verdeutlichte diesen Eindruck. Anlässlich ihres Geburtstages wurde ein Großteil der Verwaltung eingespannt um in der Provinzhauptstadt Lucknow den Tag "gebührend" zu feiern. Anstatt die von Kälte heimgesuchten Distrikte aufzusuchen wurde der oberste Gesundheitsbeamte für die Prüfung der Qualität der Süßigkeiten, die an die Anhänger der Chefministerin verteilt wurden, abgeordert.

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