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31. Juli 2002. Nachrichten: Politik & Recht - Südasien Internationale Bemühungen um Wiederaufnahme des Dialogs um Kashmir

Im vergangenen Monat kam es durch mehrere Besuche westlicher Politiker nach Indien und Pakistan zur zunehmenden Internationalisierung des Konflikts um die umstrittene Himalayaregion Kashmir. Dabei zeigte sich einmal mehr die Sonderrolle, die die USA in der Region einnehmen.

Sowohl Großbritannien, mit seinem Außenminister Jack Straw, als auch die EU, vertreten durch den Koordinator der gemeinsamen Außenpolitik Javier Solana, versuchten durch ihre Besuche in Islamabad und New Delhi vorrangig eine Wideraufnahme des Dialogs im Kashmirkonflikt zu bewirken. Mit seinem bereits dritten Besuch innerhalb von zehn Monaten unterstrich Außenminister Colin Powell das strategische Interesse der USA in der Region. Auch ihm ging es während seiner Gespräche vom 26. bis 28. Juli in beiden Ländern um eine Wiederaufnahme von Gesprächen zwischen den Nachbarn. Die Neue Zürcher Zeitung zitierte einen Sprecher des amerikanischen State Department, der die "intensive und offensichtlich koordinierte Reisediplomatie" als Zeichen eines anhaltenden Engagements charakterisierte.

Während Straw und später auch der Hohe EU-Beauftragte für die Außenpolitik nur auf geringes Interesse ihrer Gastgeber stießen - Straw verhandelte in New Delhi nur mit Außenminister Yaswant Sinha und nicht mit Premierminister Vajpayee - befand sich Powell in einer privilegierten Position. Die Europäer achteten darauf, die beiden Kontrahenten nicht vor den Kopf zu stoßen. Die Forderung des US-Außenministers, zu der vorgesehenen Landtagswahl im Herbst in Kashmir ausländische Beobachter einzuladen und politische Häftlinge freizulassen, war weitaus direkter - wenn auch New Delhi diese Forderungen am folgenden Tag ausschloss. Dabei hätte Indien Akzente setzen können, um den zugespitzten Ton mit Pakistan zu entschärfen. Nach den Drohgesten der beiden Nachbarstaaten in Folge eines Anschlags Militanter im Mai, die die beiden Atommächte an den Rand eines Krieges führte, fehlt es seither an vertrauensbildenden Maßnahmen. Auch wenn Pakistan mittlerweile Soldaten an der gemeinsamen Grenze abgezogen hat, sind im indischen Teil Kashmirs nach wie vor mindestens 500.000 Soldaten stationiert. Zwischen Indien und Pakistan gab es seit einem Jahr keine formellen Gespräche mehr.

Durch Powells Besuch wurde einmal mehr offensichtlich, dass New Delhi es nicht mehr möglich ist, sich hinter seiner jahrzehntelangen Haltung zu verschanzen, dass Kaschmir ein bilaterales Problem sei. Die indirekte Vermittlerrolle der USA ist ein Ergebnis der engeren wirtschaftlichen und militärischen Zusammenarbeit, die Indien mit den USA eingegangen ist. Dass Indien zu Recht annimmt, allein die USA könnten wirksamen Druck auf Pakistan ausüben, erschwert es New Delhi zusätzlich, Washingtons Rolle zurückzuweisen. New Delhi versuchte demonstrativ dem Eindruck entgegenzuwirken, die neue Beziehung und das Interesse Washingtons in der Region sei auf die Indien-Pakistan-Beziehung reduziert. Daher wurden während des Besuchs auch die Zusammenarbeit in Wissenschaft, Drogenbekämpfung, Militärtechnologie und -ausbildung hervorgehoben.
Colin Powells Forderung in New Delhi an Islamabad mehr unternehmen zu müssen, um Extremisten am Grenzübertritt zu hindern, wurde nach einem Gespräch mit Präsident Musharraf entschärft. Powell rechtfertigte das mit dem "substanziellen Rückgang der Infiltration ins benachbarte Kashmir" und anerkannte damit Islamabads zentrale Rolle, die weiterhin die derzeitige amerikanische Afghanistan-Politik gewährleistet. Dieser Punktsieg kam sicherlich auch zustand, weil Powell Rücksicht auf Musharrafs innenpolitische Position, die durch eine mittlerweile starke Ablehnung seiner Kashmir-Politik gekennzeichnet ist, nahm. Trotz dieser Behutsamkeit machte Powell aber deutlich, dass sich die Befreiungskämpfer, wie die militanten Sezessionisten in Pakistan genannt werden, für die USA nicht wesentlich von Al-Qaida oder Taliban unterscheiden.

Aufrufe zum Dialog auch aus Südostasien

Während des Treffens der Außenminister der Asean-Staaten in Brunei am 31. Juli., an dem Colin Powell zum Abschluss seiner Tour durch acht asiatische Staaten ebenfalls teilnahm, rief das südostasiatische Regionalforum Indien und Pakistan ebenfalls umgehend zur Wiederaufnahme des Dialogs und einer friedlichen Beilegung ihrer Differenzen auf. Der malaysische Außenminister Seyd Hamid Albar bezeichnete die Lage trotz jüngster Zeichen der Entspannung als "besorgniserregend".

Quellen

  • Powell auf Friedensmission zwischen Indien und Pakistan, in: Neue Zürcher Zeitung Online, 27.7.2002
  • Powell urges Kashmir dialogue, in: BBC World, 28.7.2002
  • Erhard Haubold: Indien nicht zum Dialog bereit, in Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.07.2002, Seite 2
  • Qudssia Akhlaque: Polls in Valley first step to end dispute: Powell, in: Dawn, 29.7.2002
  • Musharraf says no more concessions on Kashmir, in Dawn, 29.7.2002
  • New Delhi not to allow international observers, in: The Hindu 29.7.2002
  • B. Muralidhar Reddy: Infiltration not taking place now: Musharraf, in The Hindu 29.7.2002
  • Amit Baruah: India should allow 'outsiders' to monitor J&K polls: Powell, in: The Hindu 29.7.2002

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