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Gemäß seinem seit Jahren gewachsenen internationalen Status sucht Indien zunehmend umfassendere Beziehungen zu führenden Regionalmächten in Asien, Afrika und Lateinamerika. Mit Manmohan Singh, der von einer Konvergenz außen- und wirtschaftspolitischer Interessen mit Nigeria sprach, besuchte nach 45 Jahren erstmals wieder ein indischer Premierminister den westafrikanischen Staat. Zuletzt war Indiens erster Premier, Jawaharlal Nehru, 1962 dort zu Besuch gewesen. Singh, innenpolitisch angeschlagen wegen des vorläufig erfolgreichen Widerstands der Kommunisten gegen das indisch-amerikanische Nuklearabkommen von 2006, bezeichnete Nigeria nicht nur als "Freund" sondern als "Bruder".
In Begleitung des nationalen Sicherheitsberaters M.K. Narayanan, Staatssekretären aus den Ministerien für Äußeres, Handel und Verteidigung sowie hochrangiger Vertreter staatlicher indischer Ölfirmen unterzeichnete Singh gemeinsam mit dem nigerianischen Präsidenten Umaru Musa Yar’Adua die Erklärung von Abuja.
Die Abuja-Deklaration sieht eine strategische Partnerschaft zwischen Nigeria und Indien vor, die eine große Bandbreite sowohl sicherheits-, wirtschafts-, handels- und bildungspolitischer als auch wissenschaftlicher, technologischer und kultureller Aspekte umfasst. Konkretisiert wurde die Partnerschaftserklärung durch Abkommen über militärische Zusammenarbeit und die Kooperation zwischen außenpolitischen Think Tanks beider Länder. In diesem Rahmen sagte Indien zu, beim Ausbau der Computer-Infrastrukur in nigerianischen Militärakademien zu helfen. Angesichts des starken Engagements beider Länder in UN-Friedensmissionen wurden außerdem gemeinsame Manöver und eine verbesserte Zusammenarbeit bei solchen Einsätzen vereinbart.
Innerhalb der nächsten sechs Monate soll eine Reihe weiterer Verträge folgen, u.a. zur Förderung von Investitionen, der wissenschaftlichen und technologischen Zusammenarbeit, bilateralen Flugverbindungen und gegenseitigem Rechtsschutz. Zudem sollen ein Auslieferungsabkommen und eine Zusammenarbeit im Kampf gegen den Drogenschmuggel – hier kommt es immer wieder zu Festnahmen von Nigerianern in Indien – vereinbart werden. Ein Programm für Kulturaustausch soll das Paket abrunden.
Auf einer gemeinsamen Sondersitzung beider Häuser des nigerianischen Parlaments lobte Singh die zunehmenden Auslandsinvestitionen – durchaus in Konkurrenz zu westlichen und chinesischen Unternehmen – der indischen Privatindustrie, unter anderem in den Bereichen Informationstechnologie, Stahl, Energie, Arzneimittel und Fahrzeugbau. In Nigeria sind bereits der staatliche indische Konzern Oil and Natural Gas Corporation (ONGC) sowie der Stahlmagnat Mittal mit einem gemeinsamen Unternehmen in der Erdgasexploration tätig. "Wir würden gerne eine Ausweitung indischer Investitionen in Nigeria sehen. Nigeria hat immer für angemessene Rahmenbedingungen für indische Unternehmen gesorgt", so Singh, der aber unerwähnt ließ, dass angesichts der großen Rechtlosigkeit im öffentlichen Leben Nigerias die Sicherheit von Mitarbeitern indischer Firmen latent bedroht ist. Außerdem regte er speziell einen Austausch bei Informations- und Biotechnologien an. "Unsere Partnerschaft dient der Entwicklung. Wir sollten unsere Erfahrungen mit wirksamen Strategien zu nachhaltiger Entwicklung, Armutsbeseitigung, Gesundheitseinrichtungen und Bildung teilen. Als überwiegend agrarische Gesellschaften bietet sich ein enormes Potenzial in der Zusammenarbeit bei landwirtschaftlicher Forschung, Boden- und Wassermanagement sowie der Nahrungsverarbeitung."
Indien importiert circa 25 Prozent seines Rohöls aus dem subsaharischen Afrika. Aus Nigeria, dem größten Erdölproduzent Afrikas, bezieht es etwa zwölf Prozent seiner Rohölimporte. Der geringe Schwefelgehalt des nigerianischen Öls ist vorteilhaft für die indischen Raffinerien. Singh artikulierte das Interesse, einen ganzen Block zur Erdölgewinnung in Nigeria zu erwerben, um durch die zukünftige Lieferung von täglich 60.000 Tonnen den Anteil nigerianischer Ölimporte auf dann 16 bis 17 Prozent zu erhöhen. Die Beteiligung indischer Firmen an der Erschließung und Ausbeutung von Ölvorkommen sowie eine Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Öl- und Gasfirmen wurden ebenfalls erörtert.
Aus energiepolitischer Sicht hat Nigeria für Indien strategische Bedeutung, weil Delhi eine zu große Abhängigkeit von der Krisenregion des Mittleren Ostens vermeiden will. Allerdings wurde Indien in den letzten Jahren in Afrika mehrmals bei seinem Bemühen, langfristige Öllieferungen und Förderungsrechte sicherzustellen, von der Volksrepublik China ausmanövriert. Seit einem 2006 vereinbarten Memorandum of Understanding kommt es jedoch zu einer verstärkten energiepolitischen Zusammenarbeit der beiden bevölkerungsreichsten und energiehungrigen asiatischen Staaten auf dem afrikanischen Kontinent.
Nigeria ist gegenwärtig der größte indische Handelspartner in Afrika. 2006/07 betrug das Gesamtvolumen des bilateralen Handels 7,9 Milliarden US-Dollar Allerdings handelte es sich bei 96 Prozent der indischen Importe aus Nigeria um Ölprodukte. Für Erdölimporte im Wert vom sechs Milliarden US-Dollar bietet Indien nun im Gegenzug Hilfe beim Ausbau und der Modernisierung der Infrastruktur an. Details dieses Deals wurden während des Treffens erörtert; sein Zustandekommen genießt höchste Priorität. Die Modernisierung der nigerianischen Eisenbahn, der Bau einer Erdölraffinerie und eines Wasserkraftwerks sowie der Ausbau von Hafenanlagen stehen dabei im Vordergrund. Im Rahmen des Abkommens über militärische Zusammenarbeit sagte die indische Seite bereits die Lieferung von Waffen, Munition und schnellen Angriffsschiffen zu. Seit Jahrzehnten werden nigerianische Offiziere in indischen Militärakademien ausgebildet.
Beide Seiten sprachen sich für eine Reform der Vereinten Nationen und eine veränderte Zusammensetzung des Weltsicherheitsrates aus. Nigeria bekräftigte erneut seine Unterstützung für eine permanente indische Mitgliedschaft im UN-Sicherheitsrat.
Indien und Nigeria streben eine gemeinsame Front in internationalen Finanz- und Handelssystemen an, um diese entwicklungsfreundlicher zu gestalten. So erklärte der indische Premier: "Es ist eine Partnerschaft, um die globale politische und ökonomische Agenda so zu steuern, dass sie die legitimen Anliegen der Entwicklungsländer behandelt. Die erdrückende Schuldenlast der Ärmsten der Armen sowie Handelshindernisse durch eingeschränkten Marktzugang und Verzerrungen bei Handelssubventionen müssen beseitigt werden."
Über weitere Parameter der beabsichtigten Zusammenarbeit, für die bislang ein angemessener institutioneller Rahmen fehlte, sagte Singh: "Wir werden unsere Erfahrungen mit afrikanischen Ländern über holistische Entwicklungsansätze teilen. Es ist unsere Erfahrung, dass die Stärkung von lokalen Selbstverwaltungsinstitutionen, die Demokratie fördern, vital für das Erreichen von inklusivem Wachstum ist. […] Indien wünscht auch, gemeinsame Standpunkte zu den Themen Terrorismus, nukleare Abrüstung, Proliferation von Kleinwaffen und Drogenhandel zu erreichen."
Indien verfügt im Gegensatz zu China weder über das wirtschaftliche und finanzielle Potenzial noch die erkennbare Absicht, sich als ein neuer Hegemon in Afrika zu präsentieren. Singh: "Wir werden eine vielseitige Expansion unserer wirtschaftlichen Beziehungen fördern. Das Ziel besteht nicht nur in einer quantitativen Zunahme unseres Handels und unserer Investitionen sondern in einer qualitativen Verbesserung von wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit und technologischen Kapazitäten."
Im April 2008 ist in New Delhi erstmals ein India-Africa-Forum Summit geplant, um die Perspektiven indischer Afrika-Politik systematischer mit den afrikanischen Partnern, darunter auch Nigeria, zu diskutieren.
Abuja Declaration on Strategic Partnership between India and Nigeria
auf der Website des Prime Minister´s Office.
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