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Der Anschlag in Ajmer zum Ende des Fastenmonats vor dem Eid-ul-Fitr-Wochenende signalisiert die zunehmende Gefahr terroristischer Anschläge für das friedliche Nebeneinander der Religionen in Indien. Chisti, der 1192 aus Persien nach Ajmer in Rajasthan kam, wird sowohl von Muslimen als auch von nicht wenigen Hindus in großen Teilen Indiens und darüber hinaus in Südasien verehrt. Als letzter hochrangiger Pilger aus Pakistan besuchte Präsident Pervez Musharraf den Schrein im April 2005. Zur Zeit des Anschlags weilten etwa 10.000 Menschen in der Anlage.
Die indische Regierung verfügte kurz danach die höchste Alarmstufe (Red Alert) in Delhi und Mumbai (Bombay). Nach Ajmer gilt das Mausoleum des Heiligen von Delhi, Nizamuddin Auliya, der sich ebenfalls großer Verehrung erfreut, als besonders gefährdet. In Mumbai ist es der Schrein von Haji Ali Shah.
Bislang hat sich keine Organisation zu dem Anschlag in Ajmer bekannt. Allerdings ist das traditionsreiche Sufitum – hier steht der Heilige als Mittler zwischen dem Gläubigen und Allah – Terrorgruppen wie Lashker-e-Tayyeba und Jaish-e-Mohammed ein Dorn im Auge. Als Kämpfer für eine puritanische Version des sunnitischen Islam haben sie sich gegen den in vielen Teilen des Subkontinents populären Sufi-Islam ausgesprochen und betrachten große Teile der indischen Sunniten als Abweichler und angeblich unzureichend fromm. Der indische Innenminister Shivraj Patil, der nach dem Terrorakt nach Ajmer kam, hatte bereits vor diesem Ereignis auf die Möglichkeit weiterer Anschläge während der beginnenden Periode mit hohen moslemischen und hinduistischen Feiertagen hingewiesen.
Bei dem Anschlag in Ajmer wurde zuerst vermutet, dass es sich bei den Angreifern um Militante der Lashker-e-Tayyeba handelte. Nach letzten Informationen richtet sich der Verdacht gegen die Harkat-ul-Jehad-e-Islami mit einer Basis in Bangladesch, die vermutlich bereits für den Anschlag in Hyderabad in diesem Jahr verantwortlich zeichnete. Eine weitere zwischenzeitlich gefundene Bombe unmittelbar vor dem Eingang zum Schrein zündete zum Glück nicht, sonst wäre es zu weitaus größeren Opfern und Zerstörungen gekommen. In Ajmer war allerdings keineswegs völlig auszuschließen, dass auch hindu-fundamentalistische Extremisten die Täter sein könnten. In dem bei Touristen beliebten Wüstenstaat Rajasthan sorgt der sogenannte Weltrat der Hindus (Vishwa Hindu Parishad/VHP), eine der extremen Frontorganisationen des Hindu-Nationalismus, seit Jahren für Zusammenstöße mit Muslimen und Christen.
Das trotz großer Armut und extremer Einkommensgegensätze mit hohen wirtschaftlichen Zuwachsraten prosperierende Indien kann sich keine Neuauflage sogenannter kommunalistischer Unruhen wie 1992/93 leisten, die damals nach dem illegalen Abriss der Babri-Moschee in großen Teilen Nordindiens und vor allem in Bombay mit beträchtlichen Menschenopfern aufflammten und die innere Stabilität der Indischen Union bedrohten. Ebenso sind die fürchterlichen Pogrome , denen im Frühjahr 2002 in Gujarat etwa 2.000 Menschen – überwiegend Muslime – zum Opfer fielen, nicht vergessen. Maßgeblich Verantwortung trug damals der sich im Dezember 2007 zur Wiederwahl stellende Ministerpräsident von Gujarat, Narendra Modi, von der Bharatiya Janata Party (BJP, Indische Volkspartei). In einer Phase innenpolitischer Paralyse – unter anderem wegen des umstrittenen Nuklearabkommens zwischen Indien und den USA, hier machte die Regierung nun einen Rückzieher, um vorgezogene Neuwahlen zu vermeiden – kann sich das Land keine erneute Achilles-Ferse kommunalistischer Auseinandersetzungen leisten. Dieses Ziel verfolgen allerdings die Drahtzieher solcher Anschläge wie in Ajmer. Ihre Tat zielte auf eines der wichtigsten Symbole des in Indien umkämpften Säkularismus. Zum ersten Mal seit 796 Jahren ertönten in Ajmer nicht die Nakkaras (Trommeln) und das Jhani, ein Messinginstrument, das den Rhythmus zu bewahren hilft, deren Klänge sonst im Schrein von Khwaja Moinuddin Chisti erschallen, wenn der festliche Mond entdeckt wurde.
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